Dirk Bierbaß

 geboren:

27.11.1966

 Adresse:

Lessingstraße 19       06114 Halle

 Telefon:

0121 / 511 08 12 80

 E-Mail:

Dirk_Bierbass@web.de

Biografie:

Geboren in Halle. Werkzeugmacherlehre, Kulturstudium. Ausbildung im Fernsehbereich. Tätigkeiten vor allem im Kultur- und Medienbereich sowie im Backoffice einer Kundenbetreungshotline.
Lebt in Halle. Mitglied im Verband der deutschen Schriftsteller (VS).

Bibliografie:

Sackgesicht, 1997, Magdeburg, Verlag Blaue Äpfel
Ausschankschluss, Gedichte, 2003, Oschersleben, dr. ziethen verlag
Blue Velvet, Gedichte, unveröffentlicht

Beteiligung an Anthologien und Zeitschriften:

Poesiealbum, 1983, 1985, Berlin, Verlag Neues Leben
Offene Fenster 8, 1985, Berlin
Inter-Lesebuch II, 1995, Magdeburg
Ort der Augen, 1994 - 2000, Magdeburg
Eröffnungen, 1996, Halle, Literaturbüro Sachsen-Anhalt Süd
Hinter den Glitzerfassaden, 1998, Marburg
Wer dem Rattenfänger folgt, 1998, Halle, Förderkreis der Schriftsteller
Stillgestanden, 1997, Halle
WendePunkte, 1999, Halle, Förderkreis der Schriftsteller
Die dünne dunkle Frau, 2000, Oschersleben, dr. ziethen verlag

Weitere Arbeiten

Hilfe, besetzt! (Mitautor), Kabarettprogramm, 1991, Halle, Thalia-Theater
Die Betrüger, Bühnenstück, 1994, Halle, Theater an der Mühle
Sitzenbleiber (Mitautor), Kabarettprogramm, 1997, Halle, Sonntagskinder
Ich habe die Mauer nie abgetragen ... (mit Thomas Gaevert), Hörfunkfeature, 1999, SWR 2
Heiligabend, Radiolesung, 1999, SWR 2
Ich war immer mein eigener Herr, Hörfunkfeature, 2001, SWR 2
Sonntagskinder (Mitautor), Kabarettprogramm (in Vorbereitung)

Außerdem Veröffentlichungen in weiteren Anthologien und Zeitschriften

Arbeitsgebiete:

Gedichte und mehr

Themenangebote:

Lesungen aus Sackgesicht, Ausschankschluss und aus Manuskripten

Textprobe:

 

       Warter

Ich saß da wie die Angler
starrte auf diese Tür
statt aus dem Fenster
ab und zu guckte dann einer
auf seine Nummer
sprang erschrocken auf
schlurfte leicht benommen
dort rein:

draußen im Gang
krochen sie mir noch um die Beine
die Kinder
der rauchenden Mütter
hangelten sich
an mir hoch
wie an ’nem Kratzbaum
bis zu den Knien

und krachten dann wieder runter:
ich kickte sie weg
mit ihren prallvollen Windeln
aber sie kamen doch
immer wieder -

drinnen hatten sie einem dann
nicht viel zu sagen
sie konnten ja auch nichts dafür
lächelten fast über alles -
wenigstens das:

wir jedenfalls konnten ihnen
’n schönen Feierabend wünschen
sie uns das nicht

und immer wieder, hörte ich
blieb abends im Gang
dann einer sitzen
rührte sich einfach
nicht mehr

hatte wohl immer noch
Ehrgeiz genug
morgens der Erste zu sein

 
 

 

       Amsel

Im Baum vor dem Haus
saß sie nächtelang
guckte auf die Kreuzung
auf die Leute, die auf den Bus warteten
auf die Blaulichter, die vorüberfuhren.

das Straßenlicht war die längste Dämmerung
die ihr je untergekommen war
eine, die abends gleich anfing, kaum dass die Sonne
wegging

sie sang aus voller Röhre
wie Sinatra in Vegas
die Callas in Mailand
wir hörten ihr zu
durch die offenen Fenster

bis es einem zu viel wurde
einem mit ziemlich kariösen Nerven
einer Ladung Büchsenbier intus
und den sagenhaft wüsten Träumen
eines hirntoten Kindes

der jedenfalls
durchwühlte seinen Werkzeugschrank
kramte sein altes Luftgewehr raus
stopfte fünf Kugeln rein
und schrotete sie glattweg
von ihrem Lieblingsast runter

was dann folgte war Stille
die typische Stille
nach so ’nem Schuss

und seine Frau saß wahrscheinlich
verschlafen im Bett
und liebte ihn abgöttisch
dafür

 
 

 

       Die Wahrheit

Gut, sagen sie mir jetzt,
dass du so ehrlich über dein
ganzes Leben schreibst,
und ich denke dann: naja, wie schön,
dabei halte ich Lügen eigentlich für genauso gesund,
wie vor Problemen wegzurennen,
oder Sachen, die einen unterkriegen können,
kurzerhand hinzuwerfen,
man muss einfach lügen,
wenn man sonst in des Teufels Küche kommt, in die Irrenanstalt
oder in den Knast, wer DA nicht lügt,
IST glatt verrückt oder
auch nur zu faul oder
zu gutmütig,
aber, und das sage ich mir wirklich immer wieder,
nie darfst du deine Schreibmaschine belügen,
das Gerät, mit dem du sie alle hintergehst,
die einzige, zu der du immer wieder zurückkehrst,
die einzige, die du wahrscheinlich wirklich liebst,
die einzige, die du in deinem Leben vögeln möchtest
(und was mich davon nur abhält, ist der elektrische Anschluss);
glaubt mir,
meine Maschine KÖNNTE ich gar nicht belügen,
das wäre,
als würde ich mein eigenes Schicksal übers Ohr hauen wollen
und mich für erleuchtet oder unsterblich
oder sonst was halten –
ihr solltet mir aber kein einziges Wort glauben,
wenn ihr euch ungerecht behandelt fühlt
oder übergangen,
und ihr solltet mir dann nicht sagen,
dass die Dinge so schlecht gar nicht stehen
oder auch nicht so gut
oder in Wahrheit auch ganz anders sind
oder anders lagen,
ihr solltet mir nicht sagen, dass ich
ein gottverdammtes Arschloch bin
das wäre wirklich ungerecht
dem Leben gegenüber.

Aus: „Sackgesicht“

 
 

 

Wunschfilm

Ich lag quer im Sessel
und wartete auf Blue Velvet
um viertel nach zehn
aber es kam eine Sondersendung
zu irgendner Wahl
in der irgendwelche Säcke
um einen Tisch rumsaßen
und sich gar nicht wieder
einkriegten
während ich auf Blue Velvet
wartete
und dachte
Stauffenberg sollte jetzt aufkreuzen
und seinen Koffer dort nochmal
stehnlassen
bis ich’s dann aufgab
Blue Velvet kannte ich
natürlich schon
und dieser Stümper würde ja auch
keinen Schaden anrichten
lohnte sich also
alles nicht